Meditation, Yoga

Wie das mit dem Meditieren und dir doch noch was wird

Janina Roeseler ist Yogalehrerin in Freiburg – und am liebsten auf ihrer Matte in einem Studio. Da das aktuell nicht geht, schreibt sie für fudder auf, wie Yoga in Zeiten wie diesen hilft. Heute: Meditieren üben.

Zeit für dich

Wenn wir dieser Tage eins haben dann ist das Zeit! Zeit alleine. Zeit Zuhause. Zeit zum Grübeln. Zeit zum Verrücktwerden. Wenn Du die nächsten Wochen entspannt überstehen möchtest, lohnt es sich, weiterzulesen. Und wenn Du jetzt denkst, dass Du das nicht nötig hast, bitte erst recht weiterlesen!

Schließe gleich zu Beginn direkt Deine Augen und dann sage zu Dir selber: “Ich frage mich, was wohl mein nächster Gedanke sein wird”.

Dann sei ganz wachsam und neugierig, während Du auf den nächsten Gedanken wartest.

Und? Du musstest wahrscheinlich eine ganze Weile warten, richtig?

 

Raus aus dem Kopfkino, rein in den Köper

In einem Zustand höchster Gegenwärtigkeit bist Du nämlich frei von Gedanken und ganz mit Deinem Körper im Hier und Jetzt verankert. Du bist ruhig, aber höchst wach. Der mentale Lärm, der sich bei den meisten von uns chronisch im Hintergrund eingestellt hat und als Unruhe, Langeweile, Unzufriedenheit oder Nervosität zeigt, fällt für ein paar Augenblicke von Dir ab.

Herrlich und herzlichen Glückwunsch: Du hast gerade meditiert! Eigentlich gar nicht so schwierig, oder?


Hadere bloß nicht!

Wenn Du bereits diverse Anläufe hinter Dir hast und das mit dem Meditieren immer noch nicht so recht klappen möchte, habe ich nur einen Rat: Höre nicht auf, es zu versuchen! Es hat fast sieben Jahre gedauert, bis ich eine eigene Meditationspraxis auf die Beine gestellt bekommen habe.

Sieben Jahre! Das sind in digitalen Zeiten drei Ewigkeiten. Aber ich kann Dir sagen, dass es sich allemal lohnt “dran zu bleiben”. Heute frage ich mich, wie ich ohne Meditation im Leben zurecht gekommen bin. Wo fünf Minuten mit geschlossenen Augen am Anfang kaum auszuhalten waren, zieht jetzt so manche Stunde an mir vorbei.

 

Nicht höher, nicht schneller und auch nicht weiter

Meditation ist dabei nichts anderes als Selbsterkenntnis. Und die beginnt immer mit dem Lauschen und Schauen, mit Achtsamkeit und Gewahren von Augenblick zu Augenblick. Die Meditation ist keine Tugend, die Du dazu lernst, sondern vielmehr etwas, auf das Du Dich zurückbesinnst, etwas, das schon immer da war und tiefer greift als Deine aktuelle Lebenssituation.

“Heute frage ich mich, wie ich ohne Meditation im Leben zurechtgekommen bin.” Meditation darf nicht missbraucht werden als ein Werkzeug unserer Leistungsgesellschaft, um noch produktiver, noch schneller und noch besser sein zu können und sie sollte dem Geist nicht aufgezwungen werden, um das Denken zu bändigen. Ja, es ist ein netter Nebeneffekt, dass wir kreativer und produktiver werden, aber es sollte nicht das Ziel sein. Überhaupt gilt im Yoga, Dinge nicht aufgrund eines äußeren Ziels anzustreben sondern um der Freude an der Tätigkeit selber. Aber das nur mal so als kurze Randnotiz.

 

Weiche Schale, harter Kern

Meditation ist vielmehr ein Zustand tiefer Verwundbarkeit und vollständiger Durchlässigkeit. Meine Lehrerin Uta nennt das Prinzip “weiche Schale, harter Kern”. Du lässt alles an Dich heran und akzeptierst jeden Moment mit all seinen Facetten. Alle Gedanken über Deine/n Ex und Gefühle über den Urlaub, den Du jetzt erst einmal absagen musstest, inbegriffen. Gleichzeitig bist Du Dir Deiner Selbst so klar und Du bist so präsent, dass Du Dich von dem, was Du fühlst und von dem, was Du denkst, abgrenzen kannst. Du weißt, dass Du das nicht bist. Und in dem Moment fühlst Du Dich angenehm frei.

 

Das Ziel von Meditation ist Meditation

Meditation hat keinen Nutzen und doch hat ein Leben ohne Meditation keine Tiefe, keinen wahren Sinn. Du kannst die Meditation als ein “Zuhauseankommen” verstehen.

Jetzt die gute Nachricht zuerst: Jeder kann meditieren! Du brauchst nichts und kannst jederzeit und überall damit anfangen. Die schlechte Nachricht: Das eigentliche Meditieren kann Dir leider niemand abnehmen. Das musst Du für Dich selber aushalten lernen. In einer Welt, in der alles immer überall und sofort verfügbar ist, scheint es fast unerhört, dass dieser innere Frieden von dem alle immer reden, nicht einfach so vom Himmeln fällt oder uns nach drei Stunden netflixen spontan ereilt.


Aller Anfang muss nicht schwer sein

Einfach anfangen hilft. Es braucht keine Stunde, eine Minute, in der Du dir bewusst Deinen Atmen anschaust und ein paar Mal tief ein- und ausatmen ist eine solide Basis. Immer wenn Du merkst, dass das mentale Hintergrundrauschen Dich wieder übermannt hat, ist Dein Körper und speziell Dein Atem die sicherste Bank, wieder ins hier und jetzt zurückzukommen.

Probiere es aus und spüre, wie Du Dich danach fühlst.

In diesem Sinne, frohes Meditieren!

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