Das Glück festhalten geht nicht
Der Moment könnte gerade nicht schöner sein. Ich habe mich mal wieder mit meinem Laptop hinaus in die Natur begeben und liege mit der Abendsonne in meinem Gesicht auf einer Wiese an der Dreisam, während ich dir diese Zeilen schreibe. Die Sonne ist noch warm, die Vögel zwitschern munter vor sich hin und das Gras wiegt sich sanft im Wind. Kinder lachen, Jogger rennen vorbei und die Farben leuchten um die Wette. Und doch werde ich den Moment schnell vergessen, denn eins haben diese Glücksmomente alle gemein: Sie sind von flüchtiger Natur.
Schmerzhafte und traumatische Erlebnisse hingegen hinterlassen einen viel bleibenderen Eindruck und wiegen schwerer als die schönen Momente. Das haben wir unserem Überlebensinstinkt, unserem “Survival Brain” zu verdanken. Die Psychologie spricht dann von Negativitätsbias oder auch dem Negativitätseffekt. Wir können uns, insbesondere wenn es sich um ein schweres Trauma handelt, häufig nicht an die Details erinnern, aber unser ganzer Körper erlebt diesen alten Schmerz immer noch sehr real und bedrohlich. Ein cleverer Schutzmechanismus unseres Körpers. Und da schmerzhafte und negative Erlebnisse auch nach langer Zeit noch sehr präsent sein können, formen sie sowohl unsere Erwartungen, Glaubenssätze und Stimmungen als auch die Art und Weise, wie wir uns und die Welt um uns herum erfahren.
Lerne stattdessen Glück in dir abzuspeichern
Momente, in denen wir uns entspannt, sicher und ausgeglichen fühlen, stellen keine Bedrohung für uns dar und daher vergessen wir sie häufig auch wieder sehr schnell. Heute will ich dir zeigen, wie du diese kleinen Alltagsmomente des Glücks für dich “installieren” kannst, um sie als eine Ressource in Krisensituationen anwenden zu können.
- Du musst den gewünschten Zustand erleben, indem du ihn spontan wahrnimmst, wenn er sich dir offenbart, oder indem du ihn dir vorsätzlich hervorrufst.
- Dann werde ganz gegenwärtig in diesem positiven Zustand, schenke ihm deine vollste Aufmerksamkeit und beobachte alle Gefühlsregungen, die mit ihm einhergehen. Bleibe für mindestens 30 Sekunden in diesem Zustand.
- Erlaube, dass dein ganzer Körper von diesem Zustand durchflutet wird, so wie Licht einen ganzen Raum zu erhellen vermag. Sind dein Geruchs- und Geschmackssinn Teil des Erlebnisses? Wie fühlt sich dein Körper in diesem Moment an? Kannst du Wärme spüren oder eine Form von Kribbeln? Lasse all das auf dich wirken und sauge es auf, so wie ein Schwamm sich ganz mit Wasser füllt.
- Überlege abschließend, was diesen Zustand so bedeutungsvoll und eindrücklich gemacht hat.
Schritt für Schritt zufriedener
Durch diese Schritte wird der Glücksmoment – der positive Zustand – in dir und deinem Körper installiert und bewusst abgespeichert. Je häufiger du diese Methode anwendest, desto mehr wirst du von ihr profitieren. Immer wenn du einen Zustand erfährst, in dem du dich stark oder friedlich fühlst, halte inne und wende diese Methode an. Indem du dich mit dieser Methode in solchen Momenten vertraut machst, wird es dir leichter fallen, darauf in Momenten zurückzugreifen, in denen du dich gestresst, unruhig oder herausgefordert fühlst.
Zu lernen, wie du flüchtige Glücksmomente in anhaltende Charaktereigenschaften übersetzen kannst, ist eines der besten Geschenke, die du dir selber machen kannst. Egal wie gefangen und ohnmächtig du dich angesichts von Corona-Ängsten und Sorgen fühlst, wenn du deine inneren Ressourcen stärkst, kannst du damit deine Gedanken leichter bändigen, dein Herz schneller heilen und dein Bewusstsein erweitern.
Ich hoffe, dass du am Ende des Tages gestärkter und zuversichtlicher aus der ganzen Situation herausgehen kannst und weißt, dass du zwar einiges nicht kontrollieren kannst, anderes wiederum sehr wohl und sehr gut.